Seit 1990 ein endloses Drama:

Schweinefabrik "Musterplatz" Bauma/ZH

Kantonspolizei, Zürcher Gerichte und Bundesgericht decken Tierquäler und schikanieren VgT mit willkürlichen Gerichtskosten

von Erwin Kessler

Diese Schweinefabrik liegt ein paar Kilometer ausserhalb von Bauma; der Ort heisst ironischerweise Musterplatz - ein Musterbeispiel, wie die Behörden bis hin zum Bundesgericht krasse Verletzungen des Tierschutzgesetzes decken.

1981 ist die eidgenössische Tierschutzverordnung in Kraft getreten. Die für den Vollzug verantwortlichen Behörden im Kanton Zürich (Veterinäramt und Veterinärpolizei) haben ihre Vollzugspflicht nicht erfüllt. Erst ab1991, nachdem der Vollzugsmissstand dank der Öffentlichkeitsarbeit des VgT in den Medien immer häufiger enthüllt und kritisiert wurde, sind (Schein-)Kontrollen in den Ställen durchgeführt worden. Mit diesen Kontrollen hat der Zürcher Regierungsrat ausgerechnet den Schweinegesundheitsdienst (SGD) beauftragt, der bisher schon zweimal jährlich die ihm angeschlossenen Betriebe routinemässig besuchte - auch dieses Schweine-KZ in Bauma - und jahrelang zu den gesetzwidrigen Missständen geschwiegen hat. Weiter wurde auch der Bauernverband, welcher konstant bessere Tierschutzvorschriften bekämpft und bis dato keinen Finger gerührt hatte, um seine Mitglieder zur Einhaltung der Tierschutzvorschriften anzuhalten, mit solchen Kontrollen beauftragt (Honorarkredit 0,5 Millionen Franken!). Jeder Missstand, den diese beiden nun als "Kontrolleure" eingesetzten Organisationen verzeichneten, klagte auch diese selbst an. Das Ergebnis dieser staatlichen Alibi-Übung war denn auch nicht überraschend: im ganzen Kanton stossen wir bis heute immer wiedert auf gesetzwidrige Zustände in all diesen "kontrollierten" Betrieben - wie in dieser Schweinefabrik in Bauma. Jede unserer Strafanzeigen klagt somit auch den Staat an, der das vom Volk mit grossem Mehr gutgeheissene Tierschutzgesetz täglich und systematisch missachtet. Und wie es leider oft der Fall ist, wenn der Staat selbst angeklagt ist, funktioniert unser Rechtssystem nicht mehr.

Der vorliegende Fall der Schweinefabrik Musterplatz/Bauma ist kein Einzelfall; er reiht sich ein in analoge frühere und bis heute ständig neu hinzukommende ähnliche Fälle staatlicher Willkür gegen den VgT und zugunsten gewerbsmässiger Tierquäler.

Im vorliegenden Fall geht es um die bodenunabhängige, nichtbäuerliche Schweinefabrik eines Käsers, welche in der Landwirtschaftszone illegal umgebaut und erweitert wurde. Wir beobachten dort seit Jahren gesetzwidrige Missstände, die grösstenteils bis heute andauern. Im Herbst 1990 erfuhr der VgT von Wanderern, die durch die Fenster geschaut hatten, von diesem Betrieb.

Am 2. April 1991 lud ich die Presse zu einer "Tatortbesichtigung" ein. Durch die Fenster hindurch konnten abgefressene Schwänze (Kannibalismus - eine schwere Verhaltensstörung bei tierquälerischer Intensivhaltung) beobachtet werden. Im Tages-Anzeiger vom 3. April 1991 hiess es dazu: "Den Vorwurf des Kannibalismus stritt er [der Besitzer] nicht ab: Das sei möglich, doch handle es sich höchstens um einzelne Tiere - dem könne man begegnen, indem ihnen die vorderen Schneidezähne ausgebrochen würden."

Aufnahmen des VgT: Keine Bewegungsmöglichkeit, keine Beschäftigung. In der Abferkelbucht fehlt klar erkennbar die vorgeschriebene Einstreu zum Nestbau:

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Auf Anzeige hin führte die Kantonspolizei (FW Heller, Umweltschutzdienst der Kantonspolizei ) eine Alibi-Kontrolle durch und erstellte dem Betrieb einen Persilschein aus. Die Veterinärpolizei lobte den Betrieb als vorbildlich, beschrieb vieles, das gar nicht Gegenstand der Anzeige war, machte insgesamt 16 Fotos, davon 14 ausserhalb des Stalles! Die in der Anzeige beanstandeten Sachverhalte wurden nicht fotografiert! Insbesondere wuren die Abferkelbuchten mit der fehlenden Einstreu (siehe Abbildungen) nicht fotografiert! Stattdessen äussert sich der mehrseitige Rapport zu diesem zentralen Punkt nur in einem einzigen Satz: "Die Abferkelbuchten sind mit speziell entstaubtem Sägemehl und Hobelspänen eingestreut und die Tiere beschäftigen sich mit diesem Material." Mit diesem Satz wird im Rapport der Kapo der angezeigte Tierhalter gedeckt, indem suggeriert wird, die Einstreuvorschrift sei erfüllt. In Tat und Wahrheit hatte es nur in den Ferkelkisten zeitweise etwas Sägemehl und Hobelspäne (siehe Abbildung). FW Heller verschwieg das gezielt und raffiniert, ohne formell - aber materiell! - zu lügen: Es wird nur allgemein von der "Abferkelbucht" (die Ferkelkiste ist Teil der Abferkelbucht) und von den "Tieren" - nicht von Ferkeln oder Mutterschweinen - gesprochen, denn nur die Ferkel hatten Sägemehl, obwohl die Einstreuvorschrift ausdrücklich auch für das Muttertier gilt, damit dieses seinen Nestbau-Trieb ausleben kann. Die Veterinärpolizei log in diesem Punkt gezielt mit irreführenden Halbwahrheiten. In diesem Stil war der ganze Rapport erstellt. Die Strafuntersuchung gegen den angezeigten Mäster wurde eingestellt (heute wird der Betrieb von einem Nachfolger geführt).

Hierauf erstatteten wir Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch und Begünstigung gegen den verantwortlichen Beamten der Kantonspolizei, FW Heller. Eine entsprechende Untersuchung wurde aber von der Bezirksanwaltschaft Pfäffikon nicht an die Hand genommen; stattdessen wurden uns wegen angeblich leichtfertiger Anzeige die Verfahrenskosten überbunden. Dieser Willkürakt wurde vom Bezirksgericht, vom Obergericht und schliesslich auch noch vom Bundesgericht mit haarsträubender Rechtsbeugung gedeckt. Auf unsere Beweise (Fotos, Videoaufnahmen, mehrere Zeugen) und sorgfältigen Begründung ging keine dieser Instanzen auch nur mit einem Wort ein. Alle beschränkten sich darauf, mit haltlosen Phrasen den verantwortlichen Kantonspolizisten FW Heller zu schützen. Im Entscheid des Bundesgerichtes wurden die Tiere schon gar nicht mehr erwähnt.

Die tierquälerischen Zustände in dieser Schweinefabrik halten grösstenteils bis heute an.

Der erste Teil dieses Tierschutz-Dramas habe ich schon in meinem Buch "Tierfabriken in der Schweiz - Fakten und Hintergründe eines Dramas" (ab Seite 111) ausführlich beschrieben. Der in diesem - mittlerweile in zweiter Auflage erschienenen Buch - beschriebene Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes hat leider auch sonst bis heute nichts an Aktualität verloren.

Der damalige Bauernsekretär und heutige Chef des kantonalen Amtes für Landwirtschaft, Rolf Gerber, kommentierte den Fall in der Presse wie folgt:

Tierschützer-Schweinereien

Der Tierschutz-Psycho hat wieder zugeschlagen. Erwin Kessler, erklärter Missionar für die Sache unserer Tiere, hat die Presse eingeladen. Nicht etwa zu sich privat zu einem informativen Dia-Abend..., sondern zum Stall seines neuesten Opfers in Sachen Tierschutz-Diffamierung, zu Ernst Staub, Käser mit Schweinehaltung im "Musterplatz", Bauma. Angekündigt war der ungebetene Besuch ohnehin nicht, das entspricht nicht den Gepflogenheiten des edlen Kämpfers für menschlichen Umgang mit Tieren. Der hinterlistige Überraschungs-Coup... Umso ungenierter konnten so die Journalisten auf der heimlich mitgestemmten Leiter einen lüsternen Blick tun durch die Oberlichter des teuer sanierten und mit viel Einsatz betriebenen Schweinestalles von Ernst Staub.


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