VN1994-9

KZ-Eier in Thurgauer Spitälern
von Erwin Kessler


Am 7. Juli 94 stand folgende Meldung in der Thurgauer Presse:

(tom) Im Thurgau ist wie überall in der Schweiz die Batteriehaltung von Hühnern verboten. Wieso kauft aber der Kanton für die Verpflegung der Patientinnen und Patienten in seinen Spitälern mehrheitlich billige Importeier, die vorwiegend aus Batteriehaltung stammen. Weil er sparen muss, beantwortete Regierungsrat Stähelin sinngemäss diese Frage von Marlies Mettler (CVP, Fischingen).

Aus solchen EU-Hühner-KZ kommen die in die Schweiz importierten Eier (Käfigeier).
Ein Leben in engen Drahtgitterkäfigen:

Abfall - zum Teil noch lebend (Aufnahmen aus Österreich):

Das Tierschutzgesetz verbietet der einheimischen Landwirtschaft die tierquälerische Käfighaltung von Legehennen. Die kantonalen Spitäler kaufen nun einfach ausländische Käfigbatterie-Eier, weil diese ein paar Rappen billiger sind.

Das Jahresaufwand für das Kantonsspitals Frauenfeld beträgt 73 Millionen Franken.

Dass den Spitalpatienten ausländische KZ-Eier verfüttert werden, begründet Regierungsrat Stähelin mit dem Zwang zum Sparen.

Eine Aufforderung des VgT an die Ärzteschaft der Thurgauer Spitäler, künftig auf Käfig-Eier zu verzichten, verhallte ungehört und unbeantwortet. Welch primitive Ethik hat die Ärzteschaft eigentlich, dass sie so etwas für verantwortbar hält?

Demonstration des VgT beim Kantonsspital Frauenfeld: gegen Verfütterung von KZ-Eier an Spitalpatienten

Am Sonntag, den 7. August protestierten VgT-Aktivisten mit Spruchbändern und Flugblättern vor dem Kantonsspital Frauenfeld und am Montag platzierte die Tierbefreiungsfront in einer Blitzaktion vor dem Büro von Regierungsrat Stähelin einen Mega-Eiertätsch. Ebenfalls am Montag rief mich der Küchenchef des Kantonsspitales an und behauptete, er kaufe diese Import-KZ-Eier nicht wegen den paar Rappen Einsparungen, sondern wegen den Salmonellen.

Dazu mein sogleich an die Presse und an die Spitalleitung gefaxter Kommentar:

Offenbar sucht man im Kantonsspital krampfhaft nach Rechtfertigungen, anstatt Einsicht zu zeigen. Das reizt gewaltig zu weiteren, aggressiveren Aktionen. Restaurants kaufen bekanntlich gerade wegen den Salmonellen einheimische Frischeier. Im Kampf gegen Salmonellen ist die Frische wichtig. Importeier sind logischerweise älter. Zudem sind die Salmonellen eben gerade in diesen ausländischen Monsterbetrieben ein grosses Problem. In den engen, vollgestopften Käfigen stehen die Hennen nicht selten wochenlang auf den Kadavern verendeter Artgenossen, bis diese total flachgedrückt und durch den Gitterboden hindurch gedrückt werden. Wir haben authentische Videoaufnahmen. Sie können sich beim Bundesamt für Veterinärwesen oder beim Bundesamt für Gesundheitswesen bestätigen lassen, dass die Salmonellen keinen Grund sind, ausländische Eier zu kaufen. Abgesehen davon ist die Salmonellengefahr primär eine Frage des richtigen Umgangs mit den Eiern. Kochen und Backen tötet die Salmonellen zuverlässig. Diese Niete von einem Küchenchef gehört unverzüglich abgesetzt.

Über die Käfighaltung von Legehennen schreibt die bekannte Hühner-Ethologin Dr Glarita Martin aus Stuttgart:

Die Käfige sind in langen Reihen nebeneinander und in 2 bis 5 Stockwerken übereinander zu sog Käfigbatterien zusammengeschlossen. Einer Käfighenne, die an der breitesten Stelle 10 cm misst und 40 cm lang ist, steht in der Regel eine Fläche von zwei Drittel der Fläche eines A4-Bogens zur Verfügung. Diese Tiere haben nicht die Möglichkeit, bequem auf Stangen zu sitzen, vielmehr müssen sie sich Zeit ihres Lebens an einem dünnen Drahtgeflecht festkrallen, das zudem noch schräg ist, damit die Eier abrollen. Das Stehen auf dem Drahtfussboden ist für einen an weichen Boden angepassten Fuss alles andere als bequem.

Im Käfig werden die wesentlichen Instinktabläufe, wie Sichstrecken, Scharren, Gefiederpflege, Staubbaden, weitgehend unterbunden. Solche Handlungen sind zB dem Bedürfnis des gesunden Menschen vergleichbar, sich zu bewegen. Ihre Unterdrückung kann also für das Wohlbefinden der Tiere nicht ohne Folge sein. Von normaler Lokomotion kann auch keine Rede sein, denn dazu ist gar kein Platz vorhanden. Will die im hinteren Teil des Käfigs stehende Henne, die dort wegen der geringen Höhe des Käfigs zu geduckter Haltung gezwungen ist, nach vorne an den Futtertrog gelangen, muss sie über die Käfiggefährtinnen hinwegsteigen bzw sich unter ihnen hindurchdrücken. Bei solchen Rangiermanövern stürzen die Tiere und ziehen sich, weil die Knochen von vornherein haltungsbedingt brüchig sind, nicht selten Wirbelsäulenbrüche zu, die zu Lähmungserscheinungen (Käfiglähme) führen.

Auch die Eiablage, deren Häufigkeit von den Verfechtern der Käfighaltung ja als Beweis dafür angeführt wird, dass sich die Käfighühner wohl fühlen, geht auf abnorme Art vor sich, denn die Tiere sind schon lange vor dem Eiausstoss ungewöhnlich aufgeregt. Bei der angeborenen Suche nach einem geschützten Nest geraten die Tiere in panikartige Fluchtstimmung und versuchen, aus dem Käfig zu entkommen. Während das Huhn in Bodenhaltung in einigen wenigen Minuten sich ruhig ein Nest ausgesucht hat, dauert das unruhige Suchverhalten bis zur Eiablage im Käfig 2 bis 3 Stunden.

Infolge mangelnder Betätigung, insbesondere dadurch, dass den Tieren im Käfig keine Möglichkeit zur Futtersuche gegeben ist, picken sie sich selbst und den Käfiggefährtinnen die Federn aus (Federfressen). Dieses gestörte Fressverhalten kann sogar zu Kannibalismus führen, wobei sich die Tiere blutig picken. Schwere Verletzungen oder gar der Tod der angegriffenen Tiere ist die Folge.

Aufgrund exakter ethologischer Untersuchungen an Käfighennen wurde festgestellt, dass durch die Unterbindung der Ausübung der angeborenen Verhaltensweisen tiefgreifende Verhaltensstörungen, wie Bewegungsstereotypien, Leerlaufhandlungen, ins Extrem gesteigerte Handlungen am Ersatzobjekt und häufig Übersprungshandlungen auftreten. Diese weitgehende Beeinträchtigung der angeborenen Verhaltensweisen durch Käfigbedingungen stellen für die Tiere eine schwere Belastung dar, da sie sich in einem Zustand schwerer Spannung befinden.


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