VN2001-3

Erwin Kessler wegen "Verletzung der Privatsphäre" angeklagt, weil er illegales Schächten filmte

In einer türkischen Metzgerei in Lengnau/BE filmte Erwin Kessler das illegale Schächten von Kühen und Schafen. Nun stehen nicht diese Metzger vor Gericht, sondern Erwin Kessler - wegen "Verletzung der Privatsphäre". Die Bezirksanwaltschaft hat dem Bezirksgericht Bülach eine unbedingte Gefängnisstrafe beantragt. Bei Redaktionsschluss war das Verfahren noch hängig.

Diese Videoaufnahmen sind beim VgT als Leihvideo Nr 41 erhältlich (Nichtmitglieder bezahlen ein Depot von Fr 20.-). Die Aufnahmen zeigen folgendes: Noch lebende, halblebende und schon tote Schafe, denen der Hals aufgeschnitten wurde, werden in mehreren Lagen aufeinandergeschichtet. Ein Schaf mit aufgeschnittener Kehle strampelt noch so stark, dass es mehrmals von diesem Haufen herunterfällt und von den Metzgern wieder hinaufgeworfen wird. Am Boden liegenden Kühe mit aufgeschnittenem Hals (Schächtschnitt) machen noch zehn Minuten lang heftigste Strampelbewegungen mit den Beinen.

 

Aus dem Plädoyer-Entwurf von Erwin Kessler zur Verteidigung vor Bezirksgericht:

Die fraglichen Videoaufnahmen habe ich durch die offene Tür des Schlachtlokales gemacht. Der Schlachtablauf war immer der gleiche: Eine Kuh wurde hineingeführt und kurz elektrisch betäubt. Dadurch fiel sie zu Boden, so dass der Schächtschnitt angebracht werden konnte. Dann wurde die Türe wieder geöffnet. Das Öffnen der Türe erfolgte vermutlich, weil es im Schlachtlokal sehr eng war und weil die Lüftung nicht genügte, um den Dampf abzuziehen. Die Kühe kamen dann bald wieder mindestens teilweise zu Bewusstsein, weil die Betäubung zu schwach war und das Ausbluten viel zu lange dauerte. Das ist auf den Filmaufnahmen deutlich zu sehen. Elektrische Betäubungszangen sind nur für Kleinvieh geeignet. In einem modernen Schlachthof werden Kühe mit einem Bolzenschuss betäubt, dann sofort an den Hinterbeinen aufgehängt. Mit einem Saugrohr, das in die Halsschlagarterie gestochen wird, wird dann das Blut abgesaugt. Das Tier wird so rasch entblutet. In dieser türkischen Metzgerei lagen die Tiere einfach auf dem Boden. Das verzögert das Ausbluten. Der unerträglich lange Todeskampf der Kühe ist auf den Filmaufnahmen deutlich zu sehen.

Beachten Sie auf den Videoaufnahmen auch, wie die Kühe, wenn Sie in das Schlachtlokal getrieben werden, auf dem völlig unzweckmässig glitschigen Boden ausrutschen und den Spagat machen. Es muss mit Sicherheit angenommen werden, dass sich oft eine Kuh die Hüftgelenke ausrenkte. Ebenfalls zu sehen ist das verbotene Schwanzknicken, um die sich sträubenden Kühe in das Schlachtlokal zu treiben. Auch abgesehen vom Schächten ein ausserordentlich roher Umgang mit den Tieren, bei dem bieder Schweizer Bauern offensichtlich freudig und bedenkenlos mitmachten.

Die Schafe wurden jeweils auf den Tisch gelegt, um den Schächtschnitt anzubringen. Dann wurden die sterbenden Tiere mit der offenen Halswunde mehrlagig aufeinander geschichtet. Im Film ist zu sehen, wie ein Schaf im Todeskampf derart zuckt und strampelt, dass es wiederholt vom Stapel der toten und halbtoten Tiere herunterfiel und wieder hinaufgeworfen wurde. Zu sehen ist, wie dieses heruntergefallene Schaf am Boden den Kopf in die Höhe reckt. Lengnau

Der im Videofilm zu sehende Schlachtlokaleingang befindet sich an einem öffentlichen Durchgang zur Post Lengnau. Dort herrscht ein ziemlich reger Fussgängerverkehr. Was ich durch die offene Türe gefilmt habe, konnten auch die Fussgänger und Nachbarn sehen. Man sieht auch auf den Videoaufnahmen vorbeigehende Fussgänger. Weil daher öffentlich war, was in dieser Metzgerei ablief, ist mir dies ja gemeldet worden. Was ich gefilmt habe, hat sich somit in der Öffentlichkeit abgespielt. Wer die Türe seines Schlachtlokales an einem öffentlichen Fussgängerdurchgang offen lässt, nimmt in Kauf, dass jedermann ohne weiteres zuschauen kann. Nur für den kurzen Moment des Schächtschnittes wurde jeweils die Türe kurz geschlossen. Darum konnte ich dies nicht filmen....

Früher schächteten diese türkischen Metzger Schafe sogar im Freien, an einen Gartenzaun angebunden. Dies geht aus Zeugenprotokollen hervor, die der Tierschutzverein Grenchen aufgenommen hat. Der Tierschutzverein Grenchen hat mehrmals Anzeige erstattet - alles vergeblich, wie üblich. Obwohl Zeugen vorhanden waren, unternahmen die Behörden nichts. Der Berner Kantonstierarzt - ein berüchtigter Tierschutzverhinderer - bestritt einfach immer, dass hier geschächtet werde. Und die Polizei steckte mit diesen Metzgern offensichtlich unter einer Decke. Möglicherweise fürchteten diese Beamten Rassismusvorwürfe, wenn sie etwas gegen diese Türken unternähmen.

Erst nachdem ich die Sache an die Hand nahm und im Bahnhofbuffet Grenchen eine Pressekonferenz durchführte und die Videoaufnahmen zeigt, ging etwas. Die Metzgerei wurde unter dem Vorwand gewässerschutzrechtlicher Bestimmungen geschlossen. Für die krassen Verstösse gegen das Tierschutzgesetz wurden die Türken nie zur Rechenschaft gezogen. Was übrig geblieben ist, ist wieder einmal ein Strafverfahren gegen mich, weil ich Missstände aufgedeckt habe, die es in der Schweiz offiziell nicht gibt, weil - ganz nach Wilhelm Busch - nicht sein kann, was nicht sein darf.

Sogar wenn an meinem Vorgehen beim Aufdecken dieses illegalen Schächtens etwas widerrechtlich gewesen wäre, wäre dies im öffentlichen Interesse gerechtfertigt gewesen, nachdem die Behörden auf normale Anzeigen hin nichts unternommen und dem tierquälerischen Treiben jahrelang tatenlos zugeschaut haben.


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