29. August 2001

Presscommuniqu� zur Thurgauer Tierschutz-Aff�re:
Schwarze Schafe oder schwarze Herden?

Der Thurgauer Tierschutzverband hat an einer Pressekonferenz kritisiert, dass sich ein Grossteil der Landwirte nicht an die Tierschutzvorschriften halten (Thurgauer Zeitung vom 24.8.2001). Der Thurgauer Bauernverband bezeichnet dies als einen "Affront gegen die Bauernfamilien" und behauptet, Einzelf�lle w�rden zum Normalfall gemacht. Dies ist unzutreffend.

Das Tierschutzgesetz ist weitgehend toter Buchstabe geblieben, weil der Bundesrat das vom Schweizervolk vor �ber zwanzig Jahren mit �berw�ltigender Mehrheit gutgeheissene Tierschutzgesetz auf dem Verordnungsweg zum gr�ssten Teil wieder aufgehoben hat und die meisten in der Intensivtierhaltung �blichen Tierqu�lereien erlaubt. Das ist gesetzwidrig und undemokratisch, aber der Bundesrat ist gegen Strafverfolgung immun und das Volk kann korrupte und unf�hgie Bundesr�te nicht abw�hlen.

Seit Jahren k�mpfen die schweizerischen Tierschutzorganisationen gegen die vom Bundesrat in gesetzwidriger Weise erlaubten Tierqu�lereien: Kastenst�nde f�r Schweine bleiben - trotz gegenteiligen, unwahren Verlautbarungen des Bundesamtes f�r Veterin�rwesen - weiterhin erlaubt. Mastschweine d�rfen KZ-artig in vollgestopften Mastbuchten gehalten werden, zwei Tiere pro Quadratmeter. Schweine und Schafe d�rfen ohne Narkose kastriert und K�lber bei vollem Bewusstsein enthornt werden. Qualzucht von Mastgefl�gel, so dass die Tiere kaum mehr richtig gehen und nicht mehr artgem�ss auf Sitzstangen schlafen k�nnen, ist erlaubt, ebenso wie das schmerzhafte Abklemmen von Schn�beln als Symptombek�mpfungsmassnahme gegen Kannibalismus, einer Verhaltensst�rung tierqu�lerisch gehaltener H�hner. Den durch Qualzucht, Hochleistungsfutter und Intensivhaltung �berforderten Legehennen fallen die Federn aus - bedauernswerte nackte Gesch�pfe! - gem�ss Bundesrat erlaubt. Auch erlaubt ist es, K�he nahezu das ganze Leben an der Kette zu halten. Nur an 90 von 365 Tagen m�ssen sie kurz Auslauf erhalten. Das Weiden dieser Weidetiere ist nicht vorgeschrieben. Ein kurzer Auslauf auf einem Betonboden gen�gt. Wie soll das noch kontrolliert werden? Der Thurgauer Tierschutzbeauftragte geht diesbez�glichen Anzeigen gr�ndlich nach, aber in vielen F�llen ist es oft nicht m�glich, die n�tigen Beweise zu erbringen, da sich Nachbarn nur anonym oder unter Diskretionsgarantie wagen, Missst�nde zu melden und nicht bereit sind, als Zeugen vor Gericht auszusagen, aus Angst vor den gewerbsm�ssigen Tierqu�ler, die - durch die Tiermisshandlung abgestumpft und verroht - auch leicht gegen Menschen gemein und gewaltt�tig werden k�nnen. In vielen (anderen) Kantonen k�mmern sich die Beh�rden �berhaupt nicht um die systematische Verletzung der Auslaufvorschrift. Landesweit geht es keineswegs um einzelne schwarze Schafe. Die Missachtung der Auslaufvorschrift im Winter ist v�llig normal, auch im Thurgau. Gem�ss Vorschriften m�ssten angebundene K�he zweimal w�chentlich Auslauf erhalten (da die insgesamt 90 Tage regelm�ssig �ber das Jahr verteilt sein m�ssen). Es gibt nur wenige weisse Schafe unter den b�uerlichen Tierhaltern , welche diese Vorschrift einhalten; dabei ist diese Auslaufvorschrift selbst schon ungen�gend minimalistisch. Auch sonst bleibt im Vollzug kaum mehr etwas �brig von dem Wenigen, das in der verw�sserten Tierschutzverordnung des Bundesrates noch zum Schutz der Tiere �brig geblieben ist. K�lber d�rfen nicht angebunden gehalten werden, aber sehr oft sieht man das immer noch. Das L�ger von K�hen m�sste mit Stroh eingestreut sein - das sieht man nur in Ausnahmef�llen. Schweinen m�sste in den �blichen Intensivhaltungen eine Besch�ftigungsm�glichkeit geboten werden; statt dessen trifft man landauf landab nichts dergleichen oder nur untaugliche Alibimassnahmen. Mutterschweine mit Ferkeln m�ssten Stroheinstreu haben - die meisten liegen auf dem nackten Zementboden.

Der VgT zeigt in seinen VgT-Nachrichten (www.vgt.ch/vn/index.htm) regelm�ssig die schrecklichen Zust�nde in der schweizerischen Nutztierhaltung auf, keine extremen F�lle, sondern Beispiele des ganz normalen Wahnsinns. Anstatt sich f�r eine artgerechte Tierhaltung einzusetzen, bek�mpft der Bauernverband seit Jahrzehnten die minimalsten Verbesserungen im Tierschutz und betreibt lieber Desinformation der Konsumenten mit der ewig gleichen, aber unwahren Behauptung, die Schweiz habe das strengste Tierschutzgesetz, Missst�nde gebe es nur bei einzelnen schwarzen Schafen und im Ausland sei alles viel schlimmer.

Die VgT-Nachrichten sind praktisch das einzige Medium, welches die traurige Realit�t der Nutztiere in der Schweiz authentisch dokumentiert, hartn�ckig und immer wieder. Mit jeder neuen Ausgabe sitzt der Schock bei der desinformierten Bev�lkerung tief, die glaubt, sowas g�be es in der Schweiz schon lange nicht mehr. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass gr�sste Anstrengungen unternommen werden, das weitere Erscheinen der VgT-Nachrichten (und der franz�sischen Ausgabe ACUSA-News) zu verhindern: Verteilboykott durch die grossen Direktwerbungsverb�nde, Postzensur, Druckboykott durch s�mtlich grossen Druckereien in der Schweiz. Die VgT-Nachrichten werden deshalb in �sterreich gedruckt (�brigens preisg�nstiger als in der Schweiz) und von kleinen Verteilfirmen, die den boykottierenden Verb�nden nicht angeh�ren, verteilt, neuerdings - nach dem Sieg des VgT im Postzensurprozess (www.vgt.ch/justizwillkuer/postzensur.htm) - auch wieder durch die schweizerische Post. Der Bundesrat und der Bauernverband sind deshalb schlecht beraten, weiterhin mit einer untauglichen Alibi-Tierschutzverordnung auf Desinformation der Konsumenten zu setzen. Die aufkl�renden VgT-Nachrichten und die ACUSA-News erreichen - mit jeweiligen Auflagen zwischen 500 000 und zwei Millionen - je l�nger je mehr alle Briefk�sten in der Schweiz. Dass inzwischen auch konservative Tierschutzorganisationen wie der Thurgauer Tierschutzverband realisiert haben, dass Missst�nde "normal" und nicht Einzelf�lle sind, d�rfte auch eine Frucht dieser hartn�ckigen Aufkl�rungsarbeit in den VgT-Nachrichten und auf der VgT-Website sein.

Erwin Kessler, Pr�sident Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT


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