27. Juni 2006

Die Terrorismus-Falle

von Erwin Kessler

Vor dem Bush-Besuch in Wien mussten alle Arzt-Praxen entlang der Fahrroute Bushs die Patienten melden, welche zu jener Zeit in Behandlung kommen würden. Es könnte ja ein Terrorist darunter sein. Leuchtet ein.

In solchen kleinen Schritten werden die Visionen Georg Orwells verwirklicht. Mit Sprengstoff können Terroristen einer gesunden, freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nur Nadelstiche versetzen. Ihre schwerwiegendste Bedrohung geht von der Überreaktion der Staaten aus, welch unter dem Titel "Terror-Bekämpfung" sukzessive die freiheitlich-demokratischen Werte zerstören, die sie zu schützen vorgeben. Dieser Mechanismus ist in der Fachliteratur zur Terrorbekämpfung eine Binsenweisheit. Trotzdem stolpern die Regierungen, die glauben, mit mehr Polizei die Probleme in den Griff zu bekommen, welche ihre verfehlte Politik geschaffen haben, immer wieder in diese Falle. Auch in der Schweiz.

Die Totalüberwachung der Bürger ist in vollem Gange. Bereits wird der gesamte Telefon- und Email-Verkehr sämtlicher Einwohner in der Schweiz registriert, gespeichert und zur Verfügung der wieder auferstandenen Schnüffelpolizei gehalten. Und wer meint, es würden nur die Verbindungsdaten, nicht die Inhalte überwacht, der irrt. Unter dem Deckmantel des militärischen Nachrichtendienstes hat die Schweizer Regierung die Totalüberwachung des gesamten Telefon-, Fax- und Email-Verkehrs aller Schweizerbürger eingeführt. Die abgehörten Daten werden dem Bundesamt für Polizei zur Verfügung gestellt. Dieses gigantische Abhörsystem trägt den Namen ONYNX. Unter dem Schutz der militärischen Geheimhaltung unterliegt es keiner rechtsstaatlich-demokratischen Kontrolle. Auch die Finanzierung wurde der parlamentarischen Kontrolle entzogen, indem die enormen Kosten mit nichtssagenden Bezeichnungen wie "Mehrzweckanlagen" im Militärbudget versteckt wurden. Daneben dringen Hacker-Beamte heimlich in PCs von Bürgern ein - ausser Kontrolle des Rechtsstaates.

Unbequeme Bürger werden von Untersuchungsrichtern verhaftet und durch angebliche Untersuchungshaft kaltgestellt und zermürbt, wenn die ordentlichen Gesetze für eine Verurteilung nicht ausreichen. Solche Untersuchungsverfahren werden dann jahrelang verschleppt und wenn das politische Ziel erreicht ist, sang- und klanglos eingestellt. Meistens hat das Opfer nicht mehr genug Energie und Geld, um seinen Fall publik zu machen. Die Öffentlichkeit erfährt höchst selten etwas davon, weil solche Gestapo-Methoden ja vermeintlich einem guten Zweck dienen, der "Terrorbekämpfung". Eine Ausnahme war die kürzlich von der Weltwoche aufgedeckte wirtschaftlich-psychologische Vernichtung eines Bankiers durch Bundesantwalt Rorschacher - die Spitze des Eisberges. Der Staatsschutz fordert jetzt mehr Kompetenzen: Neben Telefonüberwachung auf vagen Verdacht hin zusätzlich Wanzen setzen, Spitzel unter Tarnidentitäten einsetzen, Denunzianten einen (steuerfreien) Judaslohn auszahlen, Organisationen verbieten und Personen bestimmte «Tätigkeiten» untersagen, Leute unter Zwang vorführen, in Wohnungen einbrechen, sie ohne Kenntnis der Betroffenen durchsuchen und Gegenstände daraus entwenden. All das möchte der Chef-Spitzel des Bundes, von Däniken, ohne konkreten Verdacht, ausserhalb von Strafverfahren und ohne richterliche Genehmigung tun. So steht es im Vorentwurf eines «Bundesgesetzes zur Stärkung der inneren Sicherheit». Mehr dazu unter www.vgt.ch/justizwillkuer


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