VN 09-1 / News 10. Februar 2009, aktualisiert am 10. August 2009

Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes und
Subventionen für gewerbsmässige Tierquäler

So verschenkt der Bundesrat Steuergelder an gewerbsmässige Tierquäler - mit täuschenden Formulierungen im Subventions-Dschungel versteckt. Ein typisches Beispiel aus dem Kanton Thurgau.

Landwirt Erni in Aadorf wurde vor Jahren vom VgT angezeigt, weil er seine Kühe lebenslänglich an der Kette hielt. Direkt hinter dem Stall hat Erni eine grosse, eingezäunte Wiese, aber er weidet seine Kühe nie:

Erni ist zu faul, seine Kühe auf die Wiese zu lassen. Sie verbringen fast das ganze Leben an der Kette und sehen nie eine Weide. Erni mäht das Gras und fährt es in den Stall. Für Erni - und viele andere vom Staat finanzierte Landwirte - zählt nur das Geld. Die Kühe geben ja auch an der Kette Milch, und Bundessubventionen in Form von allgemeinen Direktzahlungen fliessen auch ohne dass die Kühe geweidet werden. Weidegang für diese typischen Weidetiere ist in der Tierschutzverordnung nicht vorgeschrieben.

Nach der Anzeige des VgT hat Erni einen winzigen Auslauf errichtet. Hier lässt er seine Kühe ab und zu, abwechselnd in kleinen Gruppen, kurz hinaus:

Ein kurzes, bewegungsloses Herumstehen - und schon ist die Auslaufvorschrift "erfüllt"

Die Kuh rechts im Bild, muss immer in dieser Ecke stehen. Die Rangordnung der Kühe verhindert in dieser Enge, dass sie sich bewegen kann. Kratzbürsten fehlen. Die Auslaufzeit ist so kurz, dass die Kühe nur kurz herumstehen, sich kaum bewegen und sich auch nicht entspannt hinlegen können. Bis sie sich im Auslauf zurechtgefunden haben, geht es schon wieder zurück in die Kettenhaft. Da sich die Kühe an der Kette nicht völlig entspannt hinlegen können, wäre es wichtig, dass sie das im Auslauf - oder noch besser auf der Weide - tun könnten. Neben Bewegungsmöglichkeit ist der Zweck des gesetzlich vorgeschriebenen Auslauf auch ein Komfort- und Körperpflegeverhalten, das an der Kette nicht möglich ist. Erins Auslauf bietet alle diese Qualitäten nicht - ein reiner Alibi-Auslauf, um bürokratische Veterinärbeamte - nicht die Tiere! - zufrieden zu stellen.

Ein solcher Veterinärbeamter, den das alles nicht interessiert, ist der Thurgauer Kantonstierarzt Paul Witzig. Und weil in der Tierschutzverordnung auch keine minimale Dauer des Auslaufs vorgeschrieben ist, kann dieser nach seiner Auffassung beliebig kurz sein. Die Auslaufvorschrift muss nach seiner Meinung nur dem Buchstaben nach, zum Schein, erfüllt werden, nicht nach Sinn und Zweck und zum Wohl der Tiere, obwohl der Zweck des Tierschutzgesetzes gemäss Artikel 1 darin besteht, das "Wohlergehen" der Tiere zu schützen; und obwohl gemäss Artikel 4 "den Bedürfnissen der Tiere in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen" ist. Was Erni und viele seiner Berufskollegen aus reiner Faulheit machen, ist ganz sicher nicht "bestmöglich".

Aufkleber erhältlich im VgT-Shop

Gewerbsmässige Tierquäler wie Landwirt Erni gibt es massenhaft in der Schweiz. Die Tierschutzverordnung setzt ihnen praktisch keine Schranken - im Gegenteil werden sie noch mit Steuergeldern subventioniert, nicht nur sinn- und zwecklos, sondern geradezu sinn- und zweckwidrig, denn der Tierschutz ist eine in der Bundesverfassung verankerte Aufgabe des Bundes.

Mehr zum Fall Erni: www.vgt.ch/news2008/080423-auslauf.htm

 

Die Thurgauer-Zeitung kommentierte diesen Fall wie üblich (www.vgt.ch/doc/thurgauer-zeitung/index.htm) bewusst völlig einseitig und tendenziös (www.vgt.ch/pressespiegel3/090227-thurg-z.pdf); die einfältige Journalistin unterschlug wichtige Informationen des VgT nach dem Grundsatz dieser Zeitung: Wahr ist, was Behörden und angeschuldigte Tierhalter behaupten; darüber nachzudenken oder zu recherchieren erübrigt sich im vornherein. Die Sache stiess bei den Lesern auf erhebliches Interesse; in mehreren Leserbriefserien wurde die Sache etwas zurechtgerückt:
Leserbriefe1
Leserbriefe 2
Leserbriefe 3
Leserbriefe 4

Das Veterinäramt sabotierte solche Beweismittelbeschaffungen durch Amtsgeheimnisverletzung

Der Bericht in der Thurgauer Zeitung brachte es an den Tag, dass das Veterinäramt Landwirt Erni darüber informierte, dass sein Auslauf vom VgT mittels einem in einem Vogelhäuschen versteckten Kamera beobachtet wurde. Hauptverdächtigt ist der kantonale Tierschutzbeamte Knill, gegen den sich schon wiederholt ähnlicher Verdacht richtete, und der in diesem Fall die Kontrollen bei Erni vornahm. Der VgT hat deshalb der Staatsanwaltschaft am 6. März 2009 eine Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung eingereicht. Die Strafanzeige wurde dem Bezirksamt Frauenfeld zur Bearbeitung überwieses. Gestützt einzig auf die fandenscheinigen Schutzbehauptungen von Knill verfügte das Bezirksamt, dass keine Strafuntersuchung eröffnet werde. Dabei wurde die naheliegendste Untersuchungshandlung, die Einvernahme von Erni und dessen Befragung, von wo er vom versteckten Vogelhäuschen Kenntnis habe, gezielt unterlassen. Die Staatsanwaltschaft hat diese willkürliche Niederschlagung einer Strafuntersuchung, welche eigentlich eine amtsmissbräuchliche Begünstigung von Knill darstellt, gutgeheissen. Gegen den Beamtenfilz ist schwer anzukommen.  So verschonte zum Beispiel der Frauenfelder Bezirksstatthalter, Chef des Bezirksamtes Frauenfeld, seinen Parteikollen und Schweinemäster Iseli missbräuchlich vor einem Strafverfahren.  Müller seinerseits wurde von der Staatsanwaltschaft gedeckt, welche einer Anzeige des VgT wegen Amtsmissbrauch nicht nachging. Nur dank der Hartnäckigkeit des VgT ist es zu verdanken, dass gegen Iseli dann doch noch Anklage erhoben wurde, die mit einer Verurteilung endete. Mehr zu diesem Fall: www.vgt.ch/doc/iseli

 

Veruntreuung von Steuergeldern - im Subventions-Dschungel versteckt

Die landwirtschaftlichen Subventionsvorschriften sind derart kompliziert und undurchsichtig gestaltet, dass die Agrolobby mit ihren Vertretern in Parlament und Verwaltung (Landwirtschafts- und Veterinärämtern) praktisch unter sich regelt, wie die Milliarden an Bundessubventionen verschenkt werden. Bürger und Journalisten und nicht spezialisierte Politiker, das heisst die gesamte Öffentlichkeit, hat keinen Durchblick durch diesen Subventions-Dschungel. Und wenn sich ein Bürger danach erkundigt, wird er kaltblütig angelogen, zum Beispiel vom Chef des Landwirtschaftsamtes des Kantons Thurgau, Hans Stettler. Auf die Anfrage des VgT, ob ein Landwirt wie Erni irgendwelche Subventionen erhalten, kam die Kurz-Antwort "Nein". Eine glatte Lüge, wie hartnäckige, genauere Abklärungen ergaben. Entlarvt und zur Rede gestellt wurde Stettler stumm. Er war offenbar nicht darauf vorbereitet, dass mal ein Aussenstehender diese grosse, gut getarnte Landwirtschafts-Subventions-Lüge aufdeckt.

Die Agro-Lobby tarnt die Subventionen, die jeder beliebige Landwirt und gewerbsmässige Tierquäler erhält, mit der Formulierung "Öko-Beiträge". Das klingt für die Öffentlichkeit schon halb nach Bio, zumindest nach Tier- und Umweltfreundlichkeit, und die Agro-Lobby wird denn auch nicht müde, die Öffentlichkeit permanent im Glauben zu bestärken, die Direktzahlungen dienten der Förderung einer tier- und umweltfreundlichen Landwirtschaft. Mitnichten! Die Voraussetzungen für diese "Öko-Beiträge" sind die blosse Einhaltung der für jedermann geltenden Tierschutzverordnung. Mit anderen Worten, Landwirte, welche sich an das geltende Gesetz halten, erhalten "Öko-Beiträge" - mehr braucht es nicht. Mit "öko" und "tierfreundlich" hat nun aber die Tierschutzverordnung mit ihren minimalistischen Vorschriften, die fast alle üblichen tierquälerischen Umgangsformen mit Nutztieren erlauben, absolut nichts zu tun.

Der Bund subventioniert aber nicht nur alle Landwirte, einschliesslich solche vom Typ Erni, sondern auch die Industrie, welche der Landwirtschaft die Tierquälerprodukte abnimmt und verarbeitet. So erhält zum Beispiel der Milchkonzern Emmi jährlich 73 Millionen Franken Bundesubventionen - nicht etwa für Bio-Milch, nein, auch tierquälerisch produzierte Milch von Kühen, die nie eine Weide sehen und praktisch das ganze Leben an der Kette verbringen. Und sogar der Nahrungsmittelmulti Nestlé erhält Bundessubventionen, als kleiner Zustupf an die exorbitanten Managerlöhne und an die Aktionäre.

Auch keine Einstreu genügt der Einstreuvorschrift

Die Tierschutzverordnung schreibt vor, dass der Liegebereich von Kühen mit "ausreichend geeigneter Einstreu versehen" werden muss. Das von der Agro-Lobby gesteuerte Bundesamt für Veterinärwesen legt das so aus, dass auch keine Einstreu dieser Vorschrift genügt:

Nach Auffassung des Zürcher Tierschutzverhinderungsfilzes aus Kantonstierärztin und Nutztierkommission, unterstützt vom Bundesamt für Veterinärwesen, genügt diese Hartgummimatte mit Spuren von Sägemehl der Einstreuvorschrift.

Die Folgen dieser Tierschutzverhinderungspolitik sind für die Tiere katastrophal. Schmerzhafte Gelenkgeschwüre, weil diese schweren Tiere auf Hartgummiplatten liegen müssen, sind nicht selten:

An Ausstellungen wie der OLMA präsentiert sich die Schweizer Landwirtschaft der Öffentlichkeit dagegen jeweils so. Die Agro-Mafia weiss genau, was "Einstreu" eigentlich heisst und was normale Menschen und Konsumenten darunter verstehen:


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