VN 00-3

Tierfabriken im Kanton Zug

Grauenhafte Tier-KZs - und die Behörden schauen weg

ein Bericht von Erwin Kessler, Präsident VgT

 

Schweinefabrik der Käserei Rüegg-Büsser in Hünenberg-Matten:

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Baby-Schweine in Baby-Kastenständen:

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Oben: Diese Kastenstandhaltung von jungen Mastschweinen ist klar verboten. Die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigung mit Stroh oder Ähnlichem fehlt im ganzen Stall. Die Tiere erhalten tagein tagaus nur Suppe. Das verletzt die Tierschutzvorschriften ebenfalls. 90% der Schweine im Kanton Zug werden unter KZ-artigen Zuständen gehalten.

 

Schweinefabrik in Frauental - Aufnahmen von vorn und hinten:

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Und so sieht es im Innern aus:

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Im März 1995 hat der VgT einen Bericht über die Zustände in den Zuger Schweinefabriken veröffentlicht (www.vgt.ch/vn/9503/vn95-3.htm). Seither hat sich nichts gebessert - ausser dass immer mehr Menschen immer weniger Fleisch essen und deshalb weniger Tiere in Tierfabriken leiden müssen. Der vorliegende Bericht zeigt nicht einzelne "schwarze Schafe", sondern die üblichen Verhältnisse. Schätzungsweise 90 % der Schweine vegetieren unter solchen Bedingungen dahin, gerade so, als ob es überhaupt kein Tierschutzgesetz gäbe. Inzwischen ist der VgT dank anhaltend starkem Mitgliederwachstum und vielen treuen und grosszügigen Gönnern stärker geworden. Die gedruckte Ausgabe der vorliegenden VN wurde in alle Briefkästen im ganzen Kanton Zug, im Kanton Basel-Stadt und teilweise Basel-Land verteilt.

Verstehen kann man diesen Nichtvollzug des vom Volk mit überwältigender Mehrheit gutgeheissenen Tierschutzgesetzes nur, wenn man die im Hintergrund ablaufenden politischen Machenschaften kennt. Diese habe ich in meinem Buch “Tierfabriken in der Schweiz - Fakten und Hintergründe eines Dramas” auch für den Kanton Zug beleuchtet:

Das Buch
Tierfabriken in der Schweiz - Fakten und Hintergründe eines Dramas
von Erwin Kessler
erschienen im Orell-Füssli Verlag, ist erhältlich im VgT-Buchversand für Fr 45.- inkl Versandkosten (Bestellung Einzahlungsschein bei Email). Es ist auch vollständig online: www.vgt.ch/buecher/kessler

Zitate daraus:

Aus einem Brief an den damaligen sozialdemokratischen Zuger Regierungsrat Dr Birchler:
Tiere sind in vielem Kleinkindern ähnlich: Sie sind gefühlsbetont, sensibel, leben in ihren Empfindungen, haben jedoch keinen voll entwickelten Verstand wie (manche) erwachsene Menschen. Haben Sie Kinder? Haben Sie jemals ein Tier ganz nah kennengelernt? Wie kann es Sie so kalt lassen, was mit Millionen von Tieren in der Schweiz täglich Grausames geschieht, dass Ihnen die scheinbar intakte Staats-Fassade wichtiger ist als Verantwortung für Mitgeschöpfe?...
Schliessen gewisse sozialdemokratische Regierungsräte Tiere von ihrem sozialen Engagement aus? Oder ist dieses Engagement eben mehr sozialistisch als sozial?

*

Man könne nicht in jeden Stall einen Polizisten stellen, meint das Schwyzer Landwirtschaftsdepartement. Sehr richtig, aber zwischen dieser extremen Massnahme und gar nichts tun, bleiben viele sinnvolle Möglichkeiten, zum Beispiel Stichprobenkontrollen und konsequentes Durchgreifen in den ertappten Fällen - wie im Strassenverkehr. Oder will der Kanton Schwyz künftig auf Verkehrskontrollen verzichten, weil nicht in jedem Auto ein Polizist mitfahren kann?
Gegen die Rationalisierung auch in der Tierhaltung habe ich keine grundsätzlichen Bedenken anzumelden. Meine Vorstellung von Landwirtschaft ist keine Gotthelf’sche Nostalgie. Ich kann mir durchaus eine weitgehend automatisierte Tierhaltung mit grösseren Beständen vorstellen. Artgerecht in Gruppen gehaltene Nutztiere brauchen die spürbare Präsenz des Menschen nicht unbedingt. Ich bin überzeugt, dass die Bedürfnisse der Tiere auch mit rationellen Stallsystemen ausreichend befriedig werden können, ja, dass es sogar wünschbar ist, dass vieles automatisiert und damit unabhängig wird von der schlechten Laune und vom Stress des Tierhalters.
Ich bin der Auffassung, dass nicht die Tiere für Fehler von Beamten leiden sollen. Dass diese für ihre fahrlässigen und mutwilligen Fehler nie zur Rechenschaft gezogen werden, ist eine Besonderheit unseres Staates, unter der nicht nur die Schweine leiden.
Tiere auf der Weide, sichtbar, hörbar, ja sogar für Kinder betastbar, nur eine solche Umwelt ist letztlich erholsam, menschengemäss, lebenswert. Dafür kann der Preis nicht zu hoch sein.

 

 

Schweinefabrik in Ruessen bei Sihlbrugg:

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Schweinefabrik bei einem Bauern-hof in Hünenberg-Schachen:

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Schweinefabrik der Käserei Hühnenberg-Stadelmatt:

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Erfahrungen mit dem Zuger Kantonstierarzt Othmar Kamer

von Erwin Kessler, Präsident VgT

Am 12. Juli 1990 erstattete ich Strafanzeige gegen Wendelin Kieser, Besitzer einer Schweinefabrik in Büessikon ZG. Gemäss Untersuchungsbericht des Verhöramtes Zug fand die Polizei meinen Vorwurf der fehlenden Beschäftigung (Artikel 20 der Tierschutzverordnung) bestätigt. Trotzdem wurde die Strafuntersuchung eingestellt und der Fehlbare nicht bestraft. Ja, es wurde nicht einmal die Herstellung vorschriftsgemässer Zustände angeordnet. Zu diesem Versagen des Tierschutzvollzugs und der Justiz hat wesentlich die sachlich falsche, tendenziöse Stellungnahme von Kantonstierarzt Kamer beigetragen. Kamer hat in seinem Schreiben zuhanden des Verhöramts den Anschein erweckt, es sei gar nicht möglich, die Beschäftigungsvorschrift zu erfüllen, da Wissenschaft und Technik hiefür noch keine geeigneten Lösungen gefunden hätten. Gegen dieses haarsträubende Decken eines fehlbaren Tierhalters durch den Kantonstierarzt und gegen dessen Untätigkeit beim Tierschutzvollzug reichte ich hierauf beim zuständigen Departement, dem damals der sozialdemokratische Regierungsrat Birchler vorstand, eine Disziplinarbeschwerde gegen Kamer ein. Ohne auf meine Vorwürfe und deren Begründung einzugehen, wies Regierungsrat Birchler die Beschwerde als angeblich haltlos ab. Kamer seinerseits benutzte diese Unterstützung durch die Regierung dazu, mich wegen Verleumdung, übler Nachrede und falscher Anschuldigung einzuklagen. Das Thurgauer Verhörrichteramt, welches den Fall zu behandeln hatte, erliess jedoch am 16. April 1992 eine Nichtanhandnahme-Verfügung, da "sich keine genügenden Anhaltspunkte für das Vorliegen von Straftaten" ergeben hätten. Gegen diesen Entscheid rekurrierte Kamer bei der Staatsanwaltschaft. Diese entschied, dass eine Strafuntersuchung durchzuführen sei. Das Ergebnis dieser Untersuchung war wieder negativ, nämlich, dass meine Kritik an Kamer "nicht ungerechtfertigt" gewesen sei. Am 11. Januar 1993 erliess deshalb das Verhörrichteramt eine Einstellungsverfügung. Gegen diese Einstellungsverfügung führte Kamer erneut Beschwerde, und die Thurgauer Anklagekammer wies die Staatsanwaltschaft an, gegen mich Anklage zu erheben. In der Anklageschrift wurde mir vorgeworfen, ich hätte Kamer gegen besseres Wissen eines unehrenhaften Verhaltens und eines Vergehens beschuldigt, indem ich in meiner Disziplinarbeschwerde gegen Kamer folgende Vorwürfe erhoben habe:
1. "Kamer habe zuhanden des Verhöramts Zug eine sachlich falsche Stellungnahme abgeliefert.
2. "Kamer habe in den letzten 10 Jahren für die Durchsetzung der Bestimmungen in der eidgenössischen Tierschutzverordnung kaum etwas getan!"
3. "Kamer habe durch sein Verhalten den Tatbestand der ungetreuen Amtsführung erfüllt."

Vor dem Bezirksgericht Münchwilen wurde ich am 28. September 1993 auf der ganzen Linie freigesprochen. Das Gericht befand, dass meine Vorwürfe berechtigt gewesen seien.

Der Thurgauer Staatsanwalt, welcher die haltlosen Anschuldigungen erhob und zwei Monate Gefängnis für mich verlangte, Dr Raess, ist heute kantonaler Rechtsanwalt in Tierschutzstrafsachen des Kantons Zürich. Sein Beitrag zum Tierschutzvollzug ist gelinde gesagt bescheiden. Obwohl es für diesen Posten fähige Kandidaten gab, wurde Raess gewählt - dank persönlicher Beziehungen zum konservativen Zürcher Tierschutzfilz. Raess war es auch, der als Thurgauer Staatsanwalt Anklage gegen mich erhob in der Affäre um die Thurgauer Landwirtschaftsschule Arenenberg, um deren Schweinestall eine heftige öffentliche Auseinandersetzung mit der Thurgauer Regierung entbrannt war (beschrieben in meinem Buch “Tierfabriken in der Schweiz” Seite 90). Auch hier wurde ich schliesslich - entgegen dem Strafantrag des heutigen Zürcher Tierschutzanwalt - freigesprochen und der staatliche Schweinestall wurde tierfreundlich. Bei seiner Nomination als Tierschutzanwalt wurde mangels tierschützerischer Referenzen hervorgehoben, er sei früher in der Pfadi gewesen.

Die ganze Affäre um den Zuger Kantonstierarzt ist im Grunde einfach, aber typisch. Das Tierschutzgesetz verlangt in Artikel 2 Absatz 1: "Tiere sind so zu behandeln, dass ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung getragen wird." Eine umfangreiche internationale Literatur über die Verhaltensbiologie des Hausschweins enthält Angaben darüber, welches die wesentlichen Bedürfnisse des Hauschweines sind und wie diese auf einfache und wirtschaftliche Art und Weise befriedigt werden können. In der Tierschutzverordnung hat der Bundesrat diesen Grundsatz des Gesetzes faktisch wieder aufgehoben und die in der Praxis üblichen tierquälerischen Haltungsformen wie Kastenstände, Vollspaltenböden, einstreulose, überfüllte Mastbuchten etc erlaubt. Die Tierschutzverordnung enthält nur wenige Vorschriften, welche die üblichen tierquälerischen Haltungspraktiken einschränken. Eine dieser Vorschriften ist Artikel 20: "Schweine müssen sich über längere Zeit mit Stroh, Rauhfutter oder andern geeigneten Gegenständen beschäftigen können." Weil Schweine hochintelligente Tiere sind, ist diese Vorschrift für ihr Wohlbefinden entscheidend. Gemäss wissenschaftlichen Erkenntnissen haben Schweine eine tägliche Aktivitätszeit von ca 10 Stunden. Das heisst, unter "längere Zeit" sind etwa 10 Stunden zu verstehen. Praktisch heisst das: Schweine müssen tagsüber frisches Stroh oder Ähnliches zur Verfügung haben. Hiefür sind im Handel Strohraufen erhältlich. Man kann das Stroh auch als Einstreu auf den Boden geben - weiss Gott keine Neuerfindung, welche Tierhaltern und Kantonsveterinären nicht bekannt war. Doch das Bundesamt für Veterinärwesen deckte den Kollegen Kantonstierarzt und missachtet seine Oberaufsichtspflicht - wie üblich: Die zur Zeit der vorliegenden Affäre gültigen Richtlinien des Bundesamts für Veterinärwesen (BVet) aus dem Jahr 1986 enthielten zur Beschäftigungsvorschrift folgende Erläuterungen: "Als Beschäftigung eignet sich am besten die tägliche Verabreichung von Stroh. Geeignet sind auch Heu, Silage usw. Geeignete Gegenstände sind verformbare und benagbare Gegenstände wie zB Holzstücke, nicht jedoch nur Ketten und Pneus. Strohraufen eignen sich zur Verabreichung von Stroh dann gut, wenn ein Verabreichen von Einstreu am Boden nicht möglich ist." Eine Abbildung zeigte eine solche Strohraufe. Jedes Kind, jeder Laie versteht das und gutwillige Tierhalter haben damit keine Probleme. Das Bundesamt für Veterinärwesen behauptete jedoch zum Schutz des Herrn Kollega Kantonstierarzt, diese Richtlinie sei "nicht klar genug" - nachzulesen im Entscheid des Bundesamts für Veterinärwesen (BVet) vom 18. März 1991 zu unserer Aufsichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Zuger Verhöramts.

 

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Schweine-Glück in England - wo die Freilandhaltung weit verbreitet ist.

 

In der Schweinefabrik der “Schweinemast AG Hugo Kaiser” in Büessikon, um die es bei der Affäre um Kantonstierarzt Kamer ging, haben die Tiere auch heute noch nicht die nötige Beschäftigung. Sie fristen ihr “Leben” weiterhin in trostloser Intensivhaltung, wie die folgenden neuen Aufnahmen zeigen:

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Der Gegensatz zur traurigen Alltags-Realität der “Nutztiere”:
Schweine an der Ostschweizer Landwirtschafts-Messe OLMA

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