17.  September 2000

Aus der Sonntags-Zeitung vom 17.9.00:

Motoren�l zum Fr�hst�ck

Z�rcher Chemiker entdecken im Viehfutter
unterlaubt hohe Spuren von Mineral�len


VON VOLKER MRASEK

Z�rich/Posieux - Der Schock beim Verbraucher
sass tief, Konrad Grob und seine Kollegen aber
dachten schon damals weiter. �Das d�rfte kein
Einzelfall sein�, argw�hnte der Chemiker und
Analytiker des Z�rcher Kantonslaboratoriums im
Fr�hsommer des Jahres 1999. Da war der
belgische Dioxin-Skandal gerade ruchbar
geworden, Meldungen �ber hochgiftige
Chlorchemikalien (PCB) in Tierfutter-Zus�tzen
hielten ganz Europa in Atem.
�ber ein Jahr lang war es still um das brenzlige
Thema. Diese Woche r�ckte es Grob auf dem
Deutschen Lebensmittelchemiker-Tag in Stuttgart
wieder in den Blickpunkt.
Nach bisher unver�ffentlichten Messergebnissen
des Z�rcher Labors gelangen nach wie vor
Mineral�lprodukte in das Mischfutter f�rs Vieh,
darunter auch technische Schmier�le. Und das
nicht zu knapp. Laut Grob ist es in der Schweiz
�noch immer so, dass wohl mehr als die H�lfte
der Fette und �le f�r die Futtermittelherstellung
zu viel Mineral�le
enthalten, zum Teil zehnfach
oder hundertfach �ber dem Grenzwert�. Solche
�Futterfette� waren es auch, die damals in
Belgien in die Schlagzeilen gerieten - wegen ihrer
bedenklich hohen PCB- und Dioxin-Gehalte.

Das Bundesamt f�r Gesundheit sieht ein �nicht
kalkulierbares Risiko


Chlorgifte wiesen die Z�rcher Spezialisten in
ihren Proben zwar nicht mehr nach. Doch niemand
kann ausschliessen, dass die in Futterfetten
gefundenen Mineral�le andere
gesundheitssch�dliche Begleitstoffe (Additive)
oder Verunreinigungen enthalten, die sich gar
nicht analysieren lassen. Im Bundesamt f�r
Gesundheit (BAG) ist die Rede von einem �nicht
kalkulierbaren Risiko�.
Grob bezieht sich in Sachen
Grenzwert�berschreitungen auf die in der
Schweiz g�ltige H�chstmenge f�r �aliphatische
Kohlenwasserstoffe� in Futtermittelzus�tzen.
Gemeint sind damit technische �le aus
petrochemischer Fertigung. Von ihnen d�rfen
allenfalls 30 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg)
im Produkt vorkommen. Die Schweiz sieht in den
Mineral�len eine geeignete Messgr�sse, um die
Verwendung von Fl�ssigabf�llen in Futtermitteln
anzuzeigen.
Seine Analysen begann das Z�rcher Kantonslabor
bereits vor �ber einem Jahr - auf eigene Initiative.
Die weit �ber 100 Proben, die die Chemiker um
Grob seither analysiert haben, zeigten fast immer
Spuren von Mineral�l, und dies oft �ber dem
erlaubten Grenzwert.

Starke Verunreinigungen durch Mineral�le
finden sich sogar in Eiern


Besonders unappetitlich dabei: Die Z�rcher
Kontrolleure glauben den Weg der
Mineral�lverunreinigungen bis ins Lebensmittel
nachzeichnen zu k�nnen. So fanden sie in Proben
aus K�rperfett von Rindern, Schweinen und
Gefl�gel durchschnittlich 20 bis 30 mg/kg
Mineral�le, in Einzelf�llen gar bis zu 150 mg/kg.
Auch Eier waren vereinzelt so stark verunreinigt,
dass sie, so Grob, �gerade noch als Tierfutter
akzeptabel gewesen w�ren�. Aus seinem Mund
vernahmen die verbl�fften Zuh�rer in Stuttgart
zudem, dass in einem Fall eine Kuh �offenbar mit
einem Zweitaktmotor verwechselt worden ist� -
so hoch waren die festgestellten Belastungen.

Spezielle Grenzwerte f�r
Mineral�lverunreinigungen in Lebensmitteln
existieren indes nicht. Es gibt lediglich einen
Richtwert f�r reine �Paraffine� oder �Weiss�le�.
Sie d�rfen Nahrungsmitteln (und Futtermitteln)
ausdr�cklich zugesetzt werden, finden sogar in
der Medizin Anwendung und gelten als
gesundheitlich unbedenklich. Deshalb liegt der
Richtwert mit 100 mg/kg auch �ber dem
gesetzlichen Limit f�r Mineral�le im Viehfutter.
Die Z�rcher Messresultate sch�ren den Verdacht,
dass Futtermittel illegal mit technischen
Abfall�len verschnitten werden. Bei der
Eidgen�ssischen Forschungsanstalt f�r Nutztiere
(RAP) in Posieux will man dieser These aber
nicht folgen. �Wir gehen nicht von der
Beimischung unerlaubter Alt�le aus�, erkl�rte
Daniel Guidon gegen�ber der SonntagsZeitung.
Der Agrar-Ingenieur und RAP-Abteilungsleiter ist
f�r die Futtermittelkontrolle in der Schweiz
zust�ndig. �Unseres Erachtens�, so Guidon,
�handelt es sich um technisch bedingte
Kontaminationen in den Verarbeitungsbetrieben.�
Das kann aber nicht alles sein. So hat das Z�rcher
Kantonslabor so genannte �Spaltfette� als eine
kritische Mineral�lquelle erkannt. Das sind
Nebenprodukte aus der Raffination von
Speise�len: konzentrierte freie Fetts�uren, aber
auch Mineral�lverunreinigungen. Diese Stoffe
sind im Speise�l nicht erw�nscht sind und werden
deshalb herausgeholt.
Dem Vieh mutet man die Raffinationsabf�lle aber
zu: Spaltfette werden ganz regul�r als Tierfutter
verwendet. Das Z�rcher Kantonslabor ermittelte
bei ihnen Spitzenbelastungen von 1200
Milligramm Mineral�l pro Kilo. Speise�le d�rfen
laut Grob aus Qualit�tsgr�nden so gut wie keine
freien Fetts�uren aufweisen. Da sei es �nat�rlich
fragw�rdig, dass man dieses Material an Tiere
verf�ttert.�

Gef�hrlich sind vor allem nicht definierbare
Begleitstoffe

Genauso merkw�rdig ist der nachweisliche Fund
von Zweitakt-Motoren�len in den Futterfetten. F�r
Grob l�sst das �wohl auf unsachgem�ss entsorgte
Abf�lle schliessen�.
Das Bundesamt f�r Gesundheit nimmt die Z�rcher
Messungen sehr ernst, und Hans Schwab aus der
Abteilung Lebensmittelwissenschaft unterstreicht,
dass �technische Alt�le nicht in die
Nahrungsmittelkette gelangen d�rfen�.
Gesundheitlich problematisch seien nicht die
�lspuren selbst, sondern �vorhandene, nicht
definierte Verunreinigungen und Begleitstoffe�.
Auch Konrad Grob m�chte gekl�rt wissen,
�welche dieser m�glicherweise giftigen
Komponenten �ber das Tier dann schlussendlich
auf unserem Teller landen, die wir also essen,
ohne es zu wissen.�
Hinter den Kulissen wurde bereits gehandelt. Das
Bundesamt f�r Umwelt, Wald und Landschaft
(Buwal) verf�gte schon Mitte 1999, dass
Altspeisefette aus �ffentlichen Sammelstellen
nicht mehr in die Futtermittelproduktion wandern.
Wie sich herausstellte, waren sie oft stark mit
technischen Mineral�len verunreinigt - weil
mancher Eidgenosse glaubte, seine
Autoschmierstoffe auf diese Art entsorgen zu
m�ssen.
Damit ist das Problem allerdings noch nicht
gel�st. Grob spricht von �unz�hligen weiteren
Quellen�, aus denen Mineral�le ins Viehfutter
gelangten und �die wir �berhaupt nicht
durchschauen�. Zumal viele der Fette aus dem
Ausland stammen. Seine Z�rcher Arbeitsgruppe
sieht Grob daher erst �am Anfang eines ziemlich
uferlosen Unterfangens�.
Als Grund�bel hat Grob den �enormen Preisdruck
in der Tierproduktion� ausgemacht. Er zwinge
dazu, �die Qualit�t immer weiter herabzusetzen�.
Der Z�rcher Lebensmittelpr�fer sp�rt bei seiner
Arbeit nach eigenem Bekunden nicht nur
Unterst�tzung, sondern auch sehr viel Widerstand.

Deshalb, findet Grob, �ist schon grosser Druck
von der �ffentlichkeit n�tig, um Ver�nderungen
einzuleiten�.

Der VgT meint dazu: "Essen Sie vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe!"


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