14. Juli 2004

Alternative Legehennenhaltung:
Ministerin Künast ignoriert schwere
Tierschutzmängel

Hannover (aho) - Als Meisterstück selektiver Wahrnehmung bezeichnete
der Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für den ländlichen
Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Gert Lindemann,
die Ausführungen von Frau Bundesministerin Künast über einen
gemeinsamen Besuch in der Schweiz in Sachen alternativer
Legehennenhaltung. Während Frau Künast ein rundherum positives Bild
der dort besichtigten Legehennenhaltung über die Medien verbreite, sei
der vor Ort gesehene Zustand alles andere als lobenswert.

"Frau Künast hat offenbar nur den ihr präsentierten Vorzeigestall mit
jungen Legehennen aufgesucht um aus deren Zustand auf den gesamten
Bestand zu schließen. Entweder hat sich Frau Künast nicht die Mühe
gemacht, einmal den im letzten Legestadium befindlichen nur 30 Meter
entfernten Bestand anzusehen, der in einem katastrophalen
Zustand gewesen ist, oder aber sie will die Probleme der alternativen
Haltungssysteme(*) einfach nicht zur Kenntnis nehmen, weil sie ihr
nicht ins Konzept passen", sagte Lindemann in Hannover. Die dort zu
sehenden Tiere seien teilweise völlig kahl gepickt und blutig gewesen,
der dortige Hennenhalter gab auf Nachfrage eine Sterblichkeit
von 17,5 an. Auch die Darstellung von Frau Künast über die
positive Entwicklung der Eigenversorgung mit Eiern aus dieser
staatlich subventionierten Haltungsform in der Schweiz ist - so
Lindemann - eine offenkundige Fehlinformation. So werde von Frau
Ministerin Künast der Anstieg der Eigenproduktion an "Schaleneiern" in
der Schweiz hervorgehoben. Tatsache ist dagegen, dass die
Eigenversorgung mit Eiern aller Vermarktungsformen in der Schweiz seit
1990 auf unter 50% zurückgegangen ist. Der Begriff "Schaleneier"
erfasst nur das vom Endverbraucher verzehrte Ei (das sind z.B. in
Niedersachsen nur ca. 30% aller produzierten Eier). Der Anteil an
Schaleneiern ist für eine Beurteilung der Gesamtproduktion ohne
jeglichen Aussagewert für die Bedeutung des Produktionszweiges
Legehennenhaltung.

Ebenso ist die Behauptung, hohe Todesraten bei Alternativhaltung in
Deutschland seien auf Managementfehler zurückzuführen, dies belegten
die geringen Verluste in der Schweiz, nach dem Ergebnis des Besuchs
nicht haltbar. "Die Schweizer Legehennenbestände, die wegen akuter
Gesundheitsprobleme vorzeitig getötet werden müssen, werden in der
Mortalitätsstatistik gar nicht erst berücksichtigt - so schönt man
Daten. Mit solchen Mogelpackungen zu operieren ist hart am Rande der
Seriosität. Auch bescheinigt Frau Künast mit solchen Aussagen den in
Deutschland ökologisch wirtschaftenden Hennenhaltern schweres
Fehlverhalten. Wenn das tatsächlich so wäre, müsste sie als oberste
Tier- und Verbraucherschützerin sofort eingreifen" so Staatssekretär
Lindemann abschließend.

Quelle: AHO Aktuell - Informationen zur Tiergesundheit (Animal Health Online)
 

(*) Kommentar des VgT:
Richtig in diesem Bericht ist, dass Frau Künast ein Vorzeigebetrieb gezeigt worden ist, der nicht der üblichen Realität in der Schweiz entspricht. Unzutreffend dagegen ist, dass der üble Zustand der Hennen (Gefiederverlust) ein Problem der Alternativen Hühnerhaltung (ohne Käfigbatterien) sei. In der Käfighaltung sind die Hühner im gleichen katastrophalen Zustand! Das Problem ist nicht die Alternative Haltungsform, sondern die Überbelegung der Ställe und die Überzüchtung. Mehr dazu: Die Tragödie der "glücklichen" Schweizer Hühner"

Die schweizerischen Hühnerhaltungs-Systeme sind jedenfalls sogar in der heute üblichen entarteten und missbrauchten Form entschieden weniger schlimm als die in der EU immer noch vorherrschende Käfighaltung. Frau Künast hat deshalb grundsätzlich recht, wenn sie ein Verbot der Käfighaltung fordert.


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