6. Oktober 2003

 

Anmerkung des VgT vom 22. September 2016
Der Name des Kantonstierarztes wurde auf dessen Bitte hin anonymisiert. Er ist schon lange pensioniert. Für unsere Geschichtsschreibung über den Holocaust der Nutztiere im 21. Jahrhundert bleiben aber alle anderen Fakten in unserem Online-Archiv erhalten.

 

Nackte Hühner:
Disziplinarbeschwerde gegen den Walliser Kantonstierarzt

Der VgT hat heute Regierungsrat Fournier, Chef des Volkswirtschaftsdepartementes des Kantons Wallis, folgende Disziplinarbeschwerde gegen Kantonstierarzt Josef J. eingereicht:

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Fournier,

hiermit erhebe ich

Disziplinarbeschwerde

gegen

Kantonstierarzt J.J.

wegen

ungetreuer Amtsführung und Irreführung der Öffentlichkeit

 

Antrag:

Kantonstierarzt J. sei abzusetzen.

 

Begründung:

In der Hühnerfabrik Zumofen in Turtmann befinden sich die Hühner, sobald sie mehrere Monate alt sind, in einem katastrophale Zustand. Das Gefieder ist schwer geschädigt. Die Tiere haben grosse kahle Stellen. Wir haben diesen Missstand durch Fotoaufnahmen dokumentiert (Beilage 1). Eine Auswahl davon ist im Internet veröffentlicht unter www.vgt.ch/vn/0201/wallis.htm#Hühnerfabrik.

Im August 2003 behauptete Kantonstierarzt J.J. in einem Interview mit dem Walliser Lokalfernsehens, dieser Zustand der Tiere sei nicht krankhaft. Es sei ganz normal, dass Hühner ihre Federn verlieren. Dies habe ihm auch ein Professor aus Zollikofen bestätigt (gemeint war das Zentrum für tiergerechte Haltung von Geflügel und Kaninchen in Zollikofen).

Diese öffentlichen Behauptungen von Kantonstierarzt J. sind von A-Z unwahr und stellen eine verlogene Irreführung der Öffentlichkeit dar:

1. Beim jährlichen Gefiederwechsel werden die ausfallenden Federn sukzessive durch neue ersetzt. Die Hühner bekommen dabei keine derart nackten Partien (Vögel könnten so gar nicht überleben).

2. Auf den Fotos ist zu sehen, dass auf den rot entzündeten kahlen Stellen keine neuen Federn nachwachsen, wie das beim Gefiederwechsel der Fall wäre.

3. Hühner legen während dem Gefiederwechsel keine Eier.

4. In Hühnerfabriken, so auch bei Zumofen, werden Legehennen nur während der ersten Legeperiode gehalten und dann "entsorgt", bevor sie wegen dem ersten Gefiederwechsel eine mehrwöchige Legepause einschalten. Der Stall wird dann vollständig geleert, gereinigt und mit Junghennen neu belegt, die gerade mit Legen beginnen. Nichtlegende, mausernde Hennen werden aus wirtschaftlichen Gründen nicht gehalten.

5. Die Fotos der halbnackten Hühner in der Hühnerfabrik Zumofen entstanden mitten in der Legeperiode. Der Gefiederverlust hat nichts mit dem erst viel später erfolgenden natürlichen Gefiederwechsel zu tun, sondern mit dem gesetzwidrig fehlenden Sandbad (Zulassungsvoraussetzung des Stallsystems) und dem sogenannten Federpicken, einer Verhaltensstörung, die mit ernsthaftem Leiden verbunden ist (Prof Glarita Martin: Feather pecking in chicken - a criterion for serious suffering, 6th European Symp on Poultry Welfare, Sept 2001, Zollikofen).

6. Der Zustand des Gefieders ist ein optisches Merkmal zur Beurteilung des Befindens der Hühner (Burckhardt, Fölsch, Scheifele: Das Gefieder des Huhnes - Abbild des Tieres und seiner Haltung, Seite7, Birkhäuser Verlag 1979). Eine beschädigte Befiederung ist eine Technopathie, dh eine klinisch erkennbare krankhafte Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes (Burckhardt, Fölsch, Scheifele, Seite 45).

Der international bekannte Hühnerexperte Prof D W Fölsch hat diese Feststellungen für einen analogen Fall im Kanton Schaffhausen gutachterlich bestätigt (Beilage 2).

Die Behauptung von Kantonstierarzt J., ein Professor aus Zollikofen habe ihm bestätigt, dass dieser Zustand der Hühner normal und nicht krankhaft sei, ist unwahr, wie Rückfragen in Zollikofen ergeben haben.

Primäre Aufgabe der Verwaltung ist es, öffentliche Interessen wahrzunehmen. Der Tierschutz ist in der Schweiz ein öffentliches Interesse mit Verfassungsrang. Aufgabe eines Kantonstierarztes ist es, das eidgenössische Tierschutzgesetz durchzusetzen und nicht den Tierschutzvollzug durch sachlich falsche Stellungnahmen und Irreführung der Öffentlichkeit zu verhindern.

Insgesamt ist der fotografisch dokumentierte üble Zustand der Hennen in der Tierfabrik Zumofen mit Leiden verbunden, das aufgrund von Artikel 1 und 2 des Tierschutzgesetzes und Artikel 1 Abs 1 und 2 der Tierschutzverordnung unzulässig ist und ein sofortiges Einschreiten der Tierschutzverantwortlichen, insbesondere von Kantonstierarzt Josef J. notwendig gemacht hätte.

Die Art und Weise, wie Kantonstierarzt J. mit krassen Unwahrheiten schlimme Zustände in der Hühnerfabrik Zumofen verschleiert hat, anstatt pflichtgemäss dagegen vorzugehen, stinkt nach Korruption. Jedenfalls hat Kantonstierarzt J. damit seine Amtspflicht verletzt und zu erkennen gegeben, dass er sein Amt zur Verschleierung von Missständen missbraucht, zu deren Behebung er verpflichtet wäre.

Mit dem Antrag auf Absetzung von Kantonstierarzt J. soll verhindert werden, dass im Kanton Wallis weiterhin in sitten- und bundesrechtswidriger Weise Massentierquälerei verschleiert und gedeckt wird.

Mit freundlichen Grüssen
Dr Erwin Kessler, Präsident Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT

 

Beilagen:

1.  Aufnahmen aus der Hühnerfabrik Zumofen

2. Gutachten von Prof Dr D W Fölsch:


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