24. M�rz 2002

Ein Beispiel, wie die Schweiz durch Vorbild Einfluss auf die EU aus�ben kann, gerade weil die Schweiz NICHT EU-Mitglied ist. Als EU-Mitglied w�re dieser Alleingang der Schweiz bei der Abschaffung der K�fighaltung von H�hnern praktisch nicht m�glich gewesen.

Aus dem Informationsblatt der Internationalen Gesellschaft f�r Nutztierhaltung (IGN) (http://www.ign-nutztierhaltung.ch/nutztier_01.html):

Die neue deutsche Verordnung zur Hennenhaltung

Christoph Maisack, Richter am Amtsgericht, Hauensteinstr. 9, D-79713 Bad S�ckingen

Am 19. Oktober 2001 hat der Bundesrat in Berlin der von Verbraucherschutzministerin Renate K�nast vorgelegten "Ersten Verordnung zur �nderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung" mit nur geringf�gigen �nderungen zugestimmt. Damit ist der Ausstieg der Bundesrepublik Deutschland aus der K�fighaltung von Legehennen beschlossene Sache. Neue Legebatterien werden nicht mehr erlaubt, auch nicht in Form sog. ausgestalteter K�fige. Die bereits bestehenden K�fighaltungen m�ssen bis zum 31.12.2006 in Boden-, Voli�ren- oder Freilandhaltungen umger�stet werden.

Mit dieser - gegen den Widerstand der CDU/CSU-regierten Bundesl�nder mit Ausnahme des Saarlandes zustandegekommenen - Entscheidung hat ein jahrzehntelanger Kampf um artgerechte Lebensbedingungen f�r Legehennen ein gutes Ende gefunden. Schon 1974 hatte der damalige Frankfurter Zoodirektor Prof. Dr. Bernhard Grzimek die K�fighaltung als "KZ-H�hnerhaltung" angeprangert (erlaubte Meinungs�usserung, so das OLG D�sseldorf, RdL 1977, 42 ff.). Zahlreiche Strafgerichte stellten in der Folgezeit fest, dass den Hennen in den Drahtgitterk�figen anhaltende, erhebliche Leiden zugef�gt w�rden und dass damit der Straftatbestand der Tierqu�lerei verwirklicht werde; zu Verurteilungen kam es dennoch nicht, weil die Justiz der Meinung war, subjektiv k�nne den Haltern kein Schuldvorwurf gemacht werden, solange ihre Art des Umgangs mit Tieren von den Beh�rden geduldet, genehmigt und z.T. gar subventioniert werde. Mehrj�hrige Untersuchungen an der Bundesforschungsanstalt f�r Landwirtschaft (FAL) in Celle liessen zwar den mit der Auswertung der Arbeiten beauftragten Schweizer Verhaltensforscher Prof. Dr. Beat Tschanz zum Ergebnis kommen, dass den Legehennen in den K�figen unzweifelhaft erhebliche Leiden zugef�gt w�rden und weitere Erhebungen f�r ein Verbot �berfl�ssig seien. Gleichwohl aber sah die Leiterin des FAL-Instituts in ihrem Abschlussbericht von einer entsprechenden Empfehlung an die Politik ab.

Hoffnung keimte auf, als die Schweiz 1981 mit der Eidgen�ssischen Tierschutzverordnung als erstes Land in Europa der K�figbatteriehaltung de facto ein Ende bereitete und damit ein Vorbild f�r ganz Europa setzte. Der Durchbruch in Deutschland gelang am 6.7.1999 als der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die Hennenhaltungsverordnung von 1987, welche die Grundlage f�r die deutschen Legebatterien gebildet hatte, f�r nichtig erkl�rte. In dem Urteil wird u.a. ausgef�hrt, dass bereits der numerische Vergleich zwischen den mittleren K�rperma�en einer leichten Legehenne mit den bisherigen K�figfl�chen zeige, dass gleichzeitiges ungest�rtes Ruhen und Fressen der Tiere unm�glich sei. Allein dies war f�r den Senat Anlass genug, wesentliche Vorschriften der Verordnung f�r verfassungswidrig zu erkl�ren. Zudem z�hlte er die weiteren artgem��en Bed�rfnisse, die er als besonders schutzw�rdig ansah, beispielhaft auf ("insbesondere das Scharren und Picken, die ungest�rte und gesch�tzte Eiablage, die Eigenk�rperpflege, zu der auch das Sandbaden geh�rt, oder das erh�hte Sitzen auf Stangen", vgl. BVerfGE 101, 1, 38) und gebot dem Verordnungsgeber, auch diese Bed�rfnisse k�nftig vor unangemessener Zur�ckdr�ngung zu bewahren.

Die jetzt zustandegekommene Verordnung setzt dieses Urteil weitgehend um. In Zukunft m�ssen Haltungseinrichtungen f�r Legehennen mindestens 2 m hoch sein, so dass den Tieren raumgreifende Bewegungen zur Vermeidung von Knochenschw�che und "das erh�hte Sitzen auf Stangen" (vgl. dazu BVerfGE aaO) erm�glicht werden. Auch m�ssen die Haltungseinrichtungen so ausgestattet sein, dass alle Legehennen artgem�� fressen ("Scharren und Picken", vgl. BVerfGE aaO), trinken, ruhen, staubbaden und zur Eiablage ein Nest aufsuchen k�nnen. Ausserdem muss f�r je neun Legehennen eine Bodenfl�che von mindestens einem Quadratmeter zur Verf�gung stehen. Damit sind die von der EU-Legehennenrichtlinie vorgesehenen sog. ausgestalteten K�fige (mit nur 45 cm H�he und nur 600 - 750 cm2 Bodenfl�che je Tier), die im Falle ihrer Verwirklichung einen erneuten, schweren Verstoss gegen � 2 des Tierschutzgesetzes bedeutet h�tten, nun auch f�rmlich ausgeschlossen.

Die f�r bestehende Batterieanlagen vorgesehene �bergangsfrist bis 31.12.2006 ist zwar von der Gefl�gelwirtschaft bereits zum Anlass genommen worden, mit Entsch�digungsklagen in Milliardenh�he (sic) zu drohen. Indes werden sich solche Anspr�che nicht durchsetzen lassen – vorausgesetzt jene Bundesl�nder, die sich der K�nast’schen Verordnung bis zuletzt widersetzt haben, f�hren ihre Pflichten sachgerecht und juristisch kompetent aus. Nach dem einschl�gigen Gesetz d�rfen Entsch�digungen einem Halter nur gew�hrt werden, "soweit sein Vertrauen unter Abw�gung mit dem �ffentlichen Interesse schutzw�rdig ist" (� 48 Abs 3 Verwaltungsverfahrensgesetz). Das �ffentliche Interesse an der baldigen Beseitigung der Batteriek�fige kann nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Gegen die Schutzw�rdigkeit des Vertrauens der Halter spricht u.a., dass die nichtige Hennenhaltungsverordnung bereits bei ihrem Erlass im Jahr 1987 ausdr�cklich als "�bergangsregelung" bezeichnet worden ist und seither immer wieder namhafte politische und juristische Instanzen auf die Notwendigkeit anderer, tiergerechter Haltungsformen hinwiesen. Zudem fordert das deutsche Tierschutzgesetz schon seit 1972 die "verhaltensgerechte" Unterbringung von Nutztieren. Wer behauptet, seine K�figbatterien f�r artgerecht gehalten haben, w�rde damit weniger das Bestehen eines gesetzlich schutzw�rdigen Vertrauens als vielmehr das Fehlen der vom Gesetz vorgeschriebenen Sachkunde und damit seine Unf�higkeit f�r jede Art der Nutztierhaltung offenbaren.


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