20. Februar 2010 - VN 10-3

Wahrheitsverdreher im Bundeshaus

Wie der Bundesrat und die Bundesverwaltung die Öffentlichkeit mit Lügen und Halbwahrheiten manipuliert. Ein enthüllendes Buch von Judith Barben.

Eine Buchrezension von Erwin Kessler

Spin-doctor ist der PR-Fachbegriff für Wahrheitsverdreher

Mehr zum Buch

Ein Vorgänger dieses Buches ist das Buch "Spin-doctors in der Schweiz - Wie der Bundesrat die Abstimmung über die neue Bundesverfassung manipulierte" - online veröffentlicht auf www.gedankenfreiheit.ch, pdf-Datei hier

 

Alles Übel kommt aus Amerika - jedenfalls gilt das für die brutale Manipulation der Öffentlichkeit durch "demokratische" Regierungen. Zwar gab es diese Manipulation der Öffentlichkeit schon im Altertum, doch die Amerikaner brachten das in der Gegenwart wieder zu neuer Blühte.

"1999, kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner in Kuwait zu Beginn des ersten Irak-Krieges, bezeugte die 15jährige kuwaitische Krankenschwester Nayirah unter Tränen, irakische Soldaten in Kuwait hätten vor ihren Augen Bagys aus Brutkästen gerissen und zu Boden geworfen. Der Film ging 8um die Welt. Er wurde von unzähligen TV-Stationen ausgestrahlt, Präsident Bush senior benutzte die Geschichte mehrfach, um den Krieg gegen den Irakt zu propagieren. Später erfuhr man, dass das Ganze eine Lüge gewesen war! Die Kuwaitische Krankenschwester Nayirah hatte snie gegeben. "Nayirah" war in Wirklichkeit die Tochter des kuwaitischen Botschafters  in den USA, welche die Heulszene unter Anleitung einer PR-Managerin von Hill&Knowlton eingeübt und vor laufender Kamera vorgespielt hatte. Die britische Firma Hill & Knowlton, eine der weltgrössten PR-Konzerne, hatte den Auftrag erhalten, Kriegsgründe gegen den Irak zu erfinden!" (Judith Barben Seite 20)

"Nach dem Zweiten Weltkrieg  baute die Nato unter Leitung der amerikanischen und britischen Geheimdienste in den westeuropäischen Ländern Geheimarmeen auf, sogenannte 'Stay-behind'-Armeen. Mit Hilfe gedungener, oft rechtsextremer Täter führten diese Geheimtruppen der Nato blutige Terroranschläge aus, bei denen bewusst viele Unschuldige geopfert wurden. Die Schuld schob man immer den Kommunisten oder Sozialisten in die Schuhe. Deshalb heissen diese Anschläge 'Operationen unter falscher Flagge' ('false flag operations'). Das Ziel war, durch künstlich hervorgerufende Terrorangst politischen Druck zu erzeugen, um Regierungen zu verhindern oder zu stützen, welche den USA nicht genehm waren. Heute fragen sich viele, ob nicht auch die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 solche 'Operationen unter falscher Flagge' waren - geplant und ausgeführt mit Wissen oder gar nach Anweisung der US-Administration oder von Teilen von ihr - mimt dem Ziel, die völkerrechtswidrige Bombardierung Afghanistans als gerechtfertig erscheinen zu lassen. Der frühere italienische Staatspräsident Frencesco Fossiga stellte fest: 'In Kreisen der Geheimdienste sowe der Demokraten in Amerika und Europa, vor allem aber in italienischen Mitte-Links-Kreisen, ist bekannt, dass die verheerenden Anschläge vom 11. September 2001 von der amerikanischen CIA und vom Mossad [israelischer Geheimdienst] mit Hilfe der Zionisten geplant und ausgeführt wurden, um die arabischen Länder zu beschuldigen und die westlichen Länger zu überzeugen, dass der Irak und Afghanistan angegriffen werdne müssten.'" (Judith Barben Seite 195)

So blutig operieren die Schweizer Wahrheitsverdreher im Bundeshaus mangels technischer Möglichkeiten wahrscheinlich nicht. An kaltblütiger Verlogenheit stehen sie ihren amerikanischen Vorbildern aber nicht nach. Das Buch ist voller Beispiele, wie der Bundesrat mit Hilfe eines riesigen PR-Apparates systematisch Volksabstimmungen manipuliert.

"Eine weitere Anwendung der hypnotischen Technik ist der 'juristische Spin'. Hier werden Formulierungen mit juristischem Beiklang verwendet wie "rechtliche Grundlagen vorhanden" oder "Vorschriften eingehalten". So verleiht man einer Sache den Anschein von Vertrauenswürdigkeit und Seriosität, so fragwürdig sie auch sein mag. Die genannten Wendungen sind zwar inhaltlich völlig unverbindlich, dienen aber dazu, allfällige Bedenken zu zerstreuen und Widerstand zu lähmen." (Seite 48)

Dieser juristische Spin wird häufig von Behörden (Veterinärbeamte, Regierungsräte etc) verwendet, um aufgedeckte Missstände im Tierschutz als haltlose, extremistische Übertreibungen hinzustellen - mit grosser Wirkung, denn viele Bürger glauben tatsächlich, Behörden seien von Amtes wegen der Wahrheit und Objektivität verpflichtet und deshalb vertrauenswürdig.

"Umgekehrt werden mit dem juristischen Spin Vorhaben bekämpft, welche gewissen Politstrategen nicht ins Konzept passen. Solche Vorhaben werden mit demoralisierenden Formulierungen wie 'juristisch aussichtslos' oder 'juristisch nicht machbar' belegt. So werden Initiativen gezielt geschwächt und deren Träger entmutigt."  (Seite 48)

"Auch Sinnesreize wie Bilder, Farben oder Melodien dienen als hypnotische Reize, etwa bei der Manipulationstechnik "Ankern". Beim Ankern werden gewisse sinnliche Reize in Verbindung mit bestimmten INahlten gebracht. So sollen diese Inhalte im Unbewussten der Zielperson 'verankert' werden. ...
Da die Ankerungstechnik das Denken unterläuft, spielt sich der Vorgang meist unbewusst ab. Das Perfide daran ist, dass man vielleicht gar nicht darüber nachdenkt, warum man eine Person, deren Meinung man vorher teilte, plötzlich unsympathisch findet." (Seite 51)

"Man stellt fest, dass Versuchspersonen in Gruppen dazu neigen, ihre Meinung einem wahrgenommenen Gruppenkonsens anzupassen. Diese Neigung wird von politischen Manipulatoren skrupellos ausgenutzt. Mit PR- und Propagandamethoden spiegeln sie ihrem Zielpublikum einen 'Gruppenkonsens' vor - mit der Absicht, dessen Meinung und Verhalten in einer bestimmten Richtung zu lenken. " (Seite 52)

"'Verunglimpfen und blossstellen' ist eine weitere Methode, um Kritiker einzuschüchtern. Die Methode heisst auch 'Negative campaigning' oder 'Naming and shaming' (Benennen und blossstellen). Dabei werden Personen oder Gruppen mit Negativ-Schlagwörtern wie 'fanatisch', 'gehässig' oder 'Sektierer' belegt. Bundesrat Joseph Deiss wandte diese Methode an, als er bei einer Abstimmungsveranstaltung ins Publikum rief: 'Fort mit den Protektionisten, Barrikadeuren und Betonneuren!'" (Seite 58)

"Gibt es Spin doctors im Bundeshaus? Die Frage wird unterschiedlich beantwortet. Doch was in aller Welt tun fas 700(7) 'Fachmitarbeiter für Kommunikationsarbeit' im Bundeshaus, wenn nicht Spin doctoring?" (Seite 89)

"Bundesrat beauftragt PR-Agentu, eine Volksinitiative zu bekämpfen.
Ein Beispiel für das 'externe Erstellen von Produkten zugunsten der Öffentlichkeitsarbeit' war die Propaganda gegen die eidgenössische Volksinitiative 'Ja zur Komplementärmedizin" durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Das BAG beauftragte ein privates Werbebüro, mit PR-Methoden gegen das Volksbegehren vorzugehen: die Richterich & Partner AG, Management Consulting für Kommunikation & Marketing.
Die Initiative 'Ja zur Komplementärmedizin' war im September 2005 mit rund 140 000 beglaubigten Unterschriften fristgerecht eingereich worden. Der Vorsteher des Bundesamtes für Gesundheit, Pascal Couchepin, befürchtete, dass sie angenommen würde. Das wollte er verhindern. Deshalb setzte das BAG heimlich ein 'Kommunikations'-Budget von 300 000 Franken gegen die Initiative ein und erteilte der Zürcher PR-Agentur Richterich & Partner AG den Auftrag, das Volksbegehren zu bekämpfen." ...
Nur durch eine couragierte BAG-Mitarbeiterin kam das Vorgehen des BAG ans Licht. Die Mitarbeiterin übergab die fraglichen Dokumente an das Initiativkomitee. Doch statt sich bei der Mitarbeiterin zu bedanken, welche das empörende Vorgehen aufgedeckt hatte, kündigte man ihr die Stelle. Bundesrat Couchepin spielte die Angelegenheit herunter. Er behauptete, er habe von allem nichts gewuksst und ausserdem habe sich nur um 30 000 Franken gehandelt. Einen Tag später musste BAG-Direktor Thomas Zeltner zugeben, dass es doch 300 000 Franek gewesen waren. ...
Der mutigen Mitarbeiterin, die das Unrecht aufgedeckt hatte, war man vor, sie habe das Amtsgeheimnis verletzt." ...
Das Beispiel ist leider kein Einzelfall. ...
Solche Rechtsverluderung wird betrieben, obwohl man beim Bund genau weiss, dass das nicht legal ist." (Seiten 91-95)

Das lesenswerte Buch von Judith Barben gibt eine Fülle von Beispielen, wie der Bundesrat und seine Verwaltung mit grossen PR-Budgets systematisch das Volk anlügen und manipulieren. So zum Beispiel auch mit dem Bergier-Bericht zur Nazigold-Affäre und bei zahlreichen Volksabstimmungen. Erschreckend an diesen Vorgängen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um Machenschaften, die von den Bundesräten systematisch betrieben wird.

Lügen und Wahrheitsverdrehungen werden in der heutigen Politik als ein ganz normales politisches Instrument eingesetzt. Dass auch die Landesregierung davon vollständig durchdrungen ist und man einem Bundesrat kein Wort glauben kann, dürfte auch die Vorstellung kritischer Bürger übersteigen. Das Buch von Judith Barben ist deshalb eine unverzichtbare staatsbürgerliche Lektion, für jeden, dem das demokratische Funktionieren dieses Landes ein Anliegen ist.

Papier nimmt bekanntlich alles. Es gibt über alles die wildestens, plausibel dargestellten Verschwörungstheorien. Was kann man glauben? Diese Buch hat mich deshalb wie einen Blitz getroffen, weil es meine Erfahrung in 20 Jahren politisch-oppositioneller Tierschutzarbeit bestätigte und ich bei der Lektüre ständig auf mir Bekanntes stiess, das bisher nur noch nie so systematisch zusammengefasst veröffentlich worden ist. Schon lange habe ich mich gefragt: Interessiert diese Verlogenheit des Bundesrates und anderer Behörden in diesem Land wirklich niemanden, dass dies nie thematisiert wird? Ist der Filz derart dicht, dass solche Vorgänge einfach stillschweigend als normal akzeptiert ist?

Ich frage mich, was auf Judith Barben wegen diesem Tabubruch zukommen wird. Erste persönliche Angriffe und Verunglimpfungen gegen sie geistern bereits im Internet herum - unter Einsatz von Spin-doctoring-Psychotechniken selbstverständlich . Wer diese nun kennt, kann dagegen ein Stück weit immun werden. Das ist der grosse Gewinn aus dieser Lektüre. Die Hauptstrategie gegen Barben scheint das Totschweigen zu sein - auch eine bewährte Taktik der Wahrheitsverdreher. Eine Taktik, die in grossem Umfang gegen den VgT eingesetzt wird. Weil sich der VgT zu wehren versteht - mit Argumenten wie auch juristisch - ist man mit Verleumdungen vorsichtiger geworden und so bleibt nur noch das Totschweigen.

Ein Fall, der in diesem Buch nicht behandelt ist, aber ins Lügen-Muster des Bundesrates passt, war die verlogende Manipulation der zur Volksabstimmung über tiefere Arzneimittelpreise vom 4. März 2001. der sogenannten Denner-Initiative. In den "Erläuterungen des Bundesrates", im sogenannten Bundes-Büechli, drohte der Bundesrat den Stimmbürgern, bei Annahme der Initiative könnten nicht mehr die besten Medikamente verschrieben werden, weil die Initiative die "billigsten" vorschreibe.

In Tat und Wahrheit verlangte die Initiative die Verwendung der "preisgünstigsten" Medikamente, das heisst nur von gleichwertigen das billigere.

Unter der Drohung dieser bundesrätlichen Lüge, welche auch von der Pharmalobby systematisch verbreitet wurde, lehnte das Volk die Initiative ab. Das Bundesgericht trat auf eine Abstimmungsbeschwerde nicht ein.

Die schweizerische  Scheindemokratie ist sehr raffiniert konstruiert. (Siehe auch www.vgt.ch/justizwillkuer).

Von der Weltwoche zur Bundesanwaltschaft: Wie die Bundesanwaltschaft ihr angeschlagenes Image aufpoliert (Tages-Anzeiger vom 14.05.2010).


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